Seidenstrasse: Verbreitung und Einfluss der Religionen über die Jahrhunderte

Vom 20.12.2020

Von der Klassischen Seidenstrasse spricht man seit ca. dem 2. Jh. vor Chr. (den Namen selbst erhielt sie erst im 18. Jh.)

Fakt ist, dass Zentralasien damals nicht in Abhängigkeit von China gehandelt hat, sondern ein kulturelles Eigenleben hatte, das im Austausch zwischen Ost und West entstand und blühte. Es war ein Geben und Nehmen – ein ständiges Fliessen. Einige kulturelle Errungenschaften wie die Orientalische Musik mit all ihren wohlklingenden Instrumenten wurden sogar auf dieser Seidenstrasse erfunden und gegen West und Ost durch Händler und Reisende verbreitet.

Zentralasien und das Gebiet der Seidenstrasse waren nicht wie aus unserer heutigen Sicht Peripherie, sondern Zentrum des Weltgeschehens. Es entstanden glamouröse Königreiche aus dem Zusammenspiel von sesshaften und mobilen Zivilisationen.


Von Alexander dem Grossen bis zu Dschingis Khan umkämpften Eroberer diese Regionen. Auch China wollte von ihnen profitieren, weshalb es sich den Zugang erstritt – wie übrigens im 16. Jh. die Europäer auch.

Trotz Höhen und Tiefen im Verlaufe der langen Geschichte hat es etwas Vergleichbares bis in die vormoderne Zeit nicht gegeben.

Auf den antiken Routen der Seidenstrasse von China über den Nahen Osten bis in die Mittelmeer-Kulturen wurde nicht nur gehandelt, sondern es wurden auch Technologien, Ideen, Kultur und Religionen geschaffen und verbreitet. Damals konnte man von klassischen Religionen sprechen, da es nicht primär um Macht ging, sondern um die Weltanschauung jedes Einzelnen. Die verschiedenen Religionen florierten auf der Seidenstrasse und lebten lange Jahrhunderte in Toleranz nebeneinander, während sie in Europa oder anderen Regionen längst verfolgt oder ausgestorben waren.

Heute dominiert in den Ländern der Seidenstrasse der Islam und ein grosser Teil wird von Chinas ‘Kommunismus’ beherrscht.

Im 2.Jh. vor Christus als die Seidenstrasse entstand, soll angeblich der Chinesische Kaiser von einer sagenhaften neuen Religion – dem Buddhismus – gehört haben und seine Leute angewiesen haben zum Ursprung dieser Religion zu reisen.

Gleichzeitig breitete sich die Buddhistische Religion vom heutigen Nordafghanistan (Baktrien) und Nordpakistan (Gandhara) – wo sie weit verbreitet war - Richtung Norden über den Karakorum aus und traf auf die grosse Ost-West Verbindung der Seidenstrasse, wo sich der Buddhismus in beide Richtungen verbreitete, sodass Teile des heutigen Turkmenistan, Süd-Usbekistan, Xinjiang, bis Zentralchina buddhistisch wurden. (Er wurde erst im 8.Jh. durch den Islam verdrängt)

In dieser Zeit verbreiteten sich aber auch viele andere Religionen über die Seidenstrasse.

Die meisten dieser Religionen entstanden im Iran und wurden umgeformt in Zentralasien, bis sie schliesslich hauptsächlich gegen Osten – also in das Herz des Chinesischen Reiches – transportiert wurden und dort teilweise bis heute überlebten.

Eine spezielle Art des Christentums ist der Nestorianismus, der im persischen Reich der (zoroastrischen) Sassaniden im 5.Jh. 30 Bistümer unterhielt. Die Nestorianer liessen sich der Seidenstrasse entlang nieder bis Xian, der ehemaligen Hauptstadt des Chinesischen Reiches. Dies beweisen nestorianische Stelen dort.

Eine besonders interessante Geschichte hat der Manichäismus hinter sich. Er entstand im Iran im 3. Jh., wurde dort verboten, verfolgt und hat sich weiter entlang der Seidenstrasse bis in die heutige Mongolei verbreitet, wo er im 8.Jh. zur Staatsreligion der Uiguren wurde, die gegen Süden grosse Teile des chinesischen Reiches eroberten und weiter Richtung Westen zogen. Von den Kirgisen geschlagen, zogen sich die Uiguren ins heutige Xinjiang zurück (wo sie bis heute leben). Sie lebten dort im manichäischen Reich Kocho. Im 13.Jh. verschwand der Manichäismus ganz zu Gunsten des Buddhismus. Erst viel später verdrängte der Islam durch gezielte Propaganda auch den Buddhismus in dieser Region.

Auch das Judentum hat sich über die Seidenstrasse Richtung Osten verbreitet. Die Juden haben den Handel angetrieben und dominiert. Bis heute haben z.B. in Bokhara, (eine der wichtigsten Städte an der Seidenstrasse im heutigen Usbekistan) jüdische Gemeinden überlebt.

Im 7. und 8. Jh. verbreiteten die vier Kalifen, die Omajjaden und die Abbasiden den Islam meist auf kriegerische Art von der Arabischen Halbinsel über Persien bis Afghanistan und Pakistan. Die Chinesen konnten 751 bei Talas im heutigen Kirgistan, nahe der Chinesischen Grenze die Araber schlagen und somit die militärische Verbreitung des Islams vorläufig aufhalten. Der Islam konnte sich deshalb erst ab dem 13. Jh. in Ost-Turkestan also in der Region Xinjiang langsam gegenüber allen andern Religionen durchsetzen. Ein Teil Chinas wurde Xinjiang übrigens erst im 18. Jh. als China selbst unter der mandjurischen Fremdherrschaft war. Vorher war die Region um das Tarimbecken meist selbständig und oft umstritten.

Das Ende der Seidenstrasse wurde eingeleitet durch den europäischen Kolonialismus, der eine Konsequenz der europäischen Gier nach Teilhabe an der florierenden Seidenstrasse darstellte. Besiegelt wurde das Ende der Seidenstrasse durch des Great Game (in dem die Briten und die Russen um Territorium und Einflussgebiet in Zentralasien kämpften) bzw. die Schaffung von Nationalstaaten mit festen Grenzen.

Der Aufschwung Europas mit der Aufklärung, Kolonisation und der Industrialisierung ist massgeblich mit dem Kontakt und dem Erstreiten des Zugangs zur Seidenstrasse verknüpft.

Im Verlaufe der Entkolonialisierung Europas ist Russland bzw. die Sowjetunion erstarkt und hat sich Teile dieser Seidenstrasse einverleibt.

Zentralasien ist also seit seiner Aufteilung auf die beiden angrenzenden ‘Grossreiche’ (Russland und China) seines befruchtenden Zusammenspiels beraubt worden und an der Peripherie des Weltgeschehens versunken.

Seit dem Zerfall der Sowjetunion versucht nun China – in seinem Energie-, Rohstoff- und Absicherungshunger – seine eigene Macht- und Einflusssphäre u.a. gegen die Zentralasiatischen Länder zu erweitern.

China nennt dieses Projekt „Neue Seidenstrasse“ („one road one belt“)

Gemäss den obigen Ausführungen ist klar geworden, dass die ursprüngliche Seidenstrasse eine ganz andere Ausgangslage hatte – sie ist selbst entstanden durch Menschen und Kulturen kleiner Reiche, die sich austauschen wollten und nicht per Dekret von einer anderen ausländischen Grossmacht.

Ob China nun einseitig und von oben herab diese historische Seidenstrasse ‘wiederbeleben’ kann, bleibt dahingestellt. Insbesondere der Austausch der beteiligten Kulturen – der ursprünglich der Motor der Seidenstrasse war – wird teilweise mit Gewalt unterbunden.

Sicher ist, dass insbesondere durch die chinesischen Avancen diese Region schrittweise wieder ins internationale Interesse gerückt wird.

Auf einer Seidenstrasse-Reise können Sie von mir weitere spannende Themen hören. Ich würde mich über Ihre Teilnahme freuen.

Tags: Experte für Seidenstrasse, Experte für Iran


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